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DGRV-Projekt für Zentralamerika

Genossenschaftlicher Dorfladen in Nicaragua
DGRV

Ein neues Projekt des DGRV in der Region Zentralamerika setzt auf die Stärkung wettbewerbsfähiger Strukturen im Genossenschaftssektor der Projektländer.

Mission und Projektauftrag

Das Projekt des DGRV leistet einen wichtigen Beitrag zur deutschen Entwicklungspolitik, die das Ziel verfolgt, weltweit Armut zu bekämpfen, Frieden zu sichern, Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung zu fördern, Globalisierung gerecht zu gestalten und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Lateinamerika ist nach wie vor die Region mit den größten sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten weltweit. Daraus resultiert ein großes Gefälle in den Möglichkeiten der Bevölkerung zur Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Verbesserung ihrer jeweiligen Stellung innerhalb der Sozialstrukturen.

Renz und Rehm in Mexiko BWGV DGRV
Mit Steffen Müller wird das Projekt für Mexiko, Zentralamerika und Kuba seit Ende 2016 durch einen langjährigen Lateinamerika-Experten des DGRV und BWGV geleitet. Unterstützt wird er von Jasmin Renz, die Mitte 2016 vom BWGV ins DGRV-Projekt nach Mexiko wechselte.

Mit Steffen Müller wird das Projekt für Mexiko, Zentralamerika und Kuba seit Ende 2016 durch einen langjährigen Lateinamerika-Experten des DGRV und BWGV geleitet. Unterstützt wird er von Jasmin Renz, die Mitte 2016 vom BWGV ins DGRV-Projekt nach Mexiko wechselte und damit die eigentlich unverzichtbaren Maultaschen gegen Tacos eintauschte. Damit wird mit doppelter „WoManpower“ aus Baden-Württemberg das Hauptziel der finanziellen und wirtschaftlichen Inklusion von Kleinunternehmern und Kleinbauern durch Genossenschaften vorangetrieben. Genossenschaften sind in den Projektländern in Mexiko, Nicaragua, Honduras und El Salvador bereits weit verbreitet und leisten wichtige Beiträge, die bestehenden Zugangsbarrieren zu Finanz-, Absatz- und Beschaffungsmärkten sowie Dienst- und Sozialleistungen für marginalisierte Bevölkerungsgruppen durch angepasste Förderleistungen für die Mitglieder abzubauen. Sie tragen gerade auch in ländlichen Gebieten dazu bei, Wirtschaftskreisläufe in Gang zu setzen und so die regionale Wirtschaft und die Attraktivität der ländlichen Räume zu stärken. In Kuba sollen die Bestrebungen der Regierung, das Wirtschaftssystem zu modernisieren, durch die Förderung von kleinen Gewerbetreibenden in Genossenschaften begleitet werden.

Der DGRV berät in diesen Projektländern im Rahmen eines systemorientierten Ansatzes vor allem Genossenschaftsverbände, Aufsichtsbehörden und die Regierungen sowie auch einzelne Genossenschaften im Finanz- und Realsektor. Die Aktivitäten setzen somit auf allen Ebenen (Mikro, Meso, Makro) an und verbinden die Unterstützung genossenschaftlicher Ansätze auf lokaler Ebene mit Beratung relevanter Institutionen auf regionaler und nationaler Ebene zur Schaffung beziehungsweise Stärkung von wettbewerbsfähigen Strukturen und zur Verbesserung der relevanten Rahmenbedingungen.

Wirksamkeit

Das Projekt charakterisiert sich vor allem durch die genossenschaftliche Beratung und Ausbildung, die sich auf mehrere Wirtschaftsbereiche erstreckt:

  • den Finanzsektor (Spar- und Kreditgenossenschaften (SKG) in Mexiko, El Salvador, Nicaragua und Honduras)
  • den gewerblichen Sektor (Dienstleistungs- und Produktivgenossenschaften in Kuba) und
  • den Agrarsektor (landwirtschaftliche Genossenschaften in Nicaragua und Mexiko sowie die Agrarfinanzierung durch die SKG in El Salvador, Mexiko und Nicaragua).

Auch im Bereich der erneuerbaren Energien werden inzwischen Finanzierung und Beratung durch Spar- und Kreditgenossenschaften (SKG) für ihre Mitglieder angeboten, wie zum Beispiel für den Erwerb kleiner Solarpanelen. Durch den Aufbau neuer sowie die Unterstützung bestehender Genossenschaften, welche in den meisten Projektländern bereits in Verbundsysteme eingegliedert sind, entsteht eine Multiplikatorwirkung auf die lokalen und regionalen Wirtschaftskreisläufe.

Schwerpunkte der einzelnen Projektländer In Mexiko steht die Konsolidierung der inzwischen 152 von der Bankenaufsicht CNBV beaufsichtigten Spar- und Kreditgenossenschaften (SKG) und deren Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit im Fokus der Beratungsarbeit des DGRV. Daneben gilt es, den erfolgreichen Prozess der finanziellen Inklusion von weit über sieben Millionen Mexikanern, die inzwischen Mitglied einer SKG sind, fortzusetzen. Weitere etwa 600 Finanzgenossenschaften müssen noch in das Aufsichtsmodell und die vom DGRV mit aufgebaute genossenschaftliche Sicherungseinrichtung „Focoop“ integriert werden. Ein weiterer Schwerpunkt des neuen Projekts ist die Strukturierung und Systematisierung des genossenschaftlichen Ausbildungssystems in Mexiko gemeinsam mit dem DGRV-Partner Concamex (quasi der „BVR“ Mexikos) in Kooperation mit der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG).

Export nach Deutschland geplant

Ucasa, eine Zentralgenossenschaft in Nicaragua
Im Dorfladen verkauft die Ucasa, eine Zentralgenossenschaft von Kleinbauern und Imkern in Nicaragua, die lokal erzeugten Produkte. Zu sehen sind die Geschäftsführerin und eine Verkäuferin sowie eine DGRV-Mitarbeiterin als Kundin.

Die beiden landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaften CafeNica und UCASA in Nicaragua wollen künftig genossenschaftlich produzierten Honig, Kaffee und Bio-Sesam auch nach Deutschland exportieren. Dafür sollen die unternehmerischen Strukturen weiter gestärkt werden. Der DGRV unterstützt hier bei der Verbesserung der Buchhaltungs- und Kontrollsyteme sowie der Fortbildung der Mitarbeiter und Führungskräfte. Daneben berät der DGRV die Partner bei der Weiterentwicklung des Genossenschaftsgesetzes und der Vorbereitung eines Sektorgesetzes für die SKG sowie in steuerrechtlichen Fragen.

Abgeordente des Finanzausschusses des Parlaments und Vertreter der Zentralbank von El Salvador konnten sich im Januar 2017 im Rahmen eines Fachprogramms über die Funktionsweise der Aufsicht und Prüfung von Genossenschaftsbanken in Deutschland informieren. Die Integration der SKG in die Bankenaufsicht in El Salvador soll mit Unterstützung des DGRV angemessen und dem Geschäftsmodell der Genossenschaften entsprechend gestaltet werden. Der DGRV-Partner „Fedecaces“ ist ein Musterbeispiel erfolgreicher Zusammenarbeit. 32 Genossenschaften verfügen dort neben einem leistungsstarken Verband mit Selbstregulierung unter anderem über eine genossenschaftliche Zentralkasse und ein genossenschaftliches Versicherungsunternehmen.

Wirtschaftssystem weiterentwickeln

Auf Kuba unterstützt das Projekt die Regierung hinsichtlich der Bestrebungen, das sozialistische Wirtschaftssystem behutsam nach privatwirtschaftlich-genossenschaftlichem Vorbild weiterzuentwickeln. Durch die Förderung von kleinen Service- und gewerblichen Genossenschaften wie beispielsweise Restaurants oder Reparaturwerkstätten für Fahrräder erhalten die Kubaner einen offeneren, selbstbestimmteren Zugang zum Wirtschaftsmarkt und werden dadurch in die Lage versetzt, höhere Einkommen zu erzielen.

Honduras ist eines der ärmsten und gleichzeitig unsichersten Länder der Region Zentralamerika. Über 70 Prozent der Bevölkerung müssen mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag auskommen. Das Projekt unterstützt hier zielgerichtet die Arbeit des Genossenschaftsverbands „Facach“ in der Interessenvertretung, bei der Weiterbildung und Personalentwicklung in den Spar- und Kreditgenossenschaften sowie der Beratungstätigkeit. Aktuell wird mit Unterstützung des DGRV ein Risikomanagementsystem für den Verband und die über 82 SKG entwickelt.

Fazit

Die Arbeit im Projekt belegt, welche Chancen wirtschaftliche Kooperation in Form von Genossenschaften in Entwicklungs- und Schwellenländern bietet, um der Armut sowie der enormen Ungleichheit bei der Vermögens- und Einkommensverteilung und ihren negativen Begleiterscheinungen wie Migration und Kriminalität entgegenzuwirken.

Durch Genossenschaften können sich benachteiligte Bevölkerungsgruppen auf der Basis von Selbsthilfe einen Zugang zu Ressourcen, Arbeitsplätzen und Einkommen verschaffen. Wichtige Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Genossenschaften sind neben angemessenen rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen auch die Wettbewerbsfähigkeit der genossenschaftlichen Strukturen und eine Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die beiden BWGV-ler stehen nun vor der Herausforderung, die Projektpartner des DGRV weiter in gewohnter Qualität und vielleicht zukünftig auch mit einigen neuen schwäbischen Zutaten zu beraten. Frei nach dem Motto „Wir können alles, auch Maultaschen mit Tacos“. Und selbstverständlich die Beratung von Genossenschaften.

An dieser Stelle möchten sich die Autoren in guter genossenschaftlicher Tradition bei ihrem Kollegen und dem langjährigen Projektleiter in Mexiko, Helmut Pabst vom Genossenschaftsverband Bayern, bedanken, der gemeinsam mit dem hervorragenden Team des DGRV einen wichtigen Beitrag zur positiven Entwicklung der Genossenschaften in der Region beigetragen hat. Er bleibt dem DGRV auch weiter erhalten und gibt seinen großen Erfahrungsschatz nun in der Region Süd-Ost-Asien weiter.

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