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"Digitalität heißt: Ich gestalte meine Struktur selbst"

digitale Zukunft - Max Thinius berät Genossenschaften
BWGV

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Max Thinius war Gast im wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung, er berät Menschen, Unternehmen sowie Regionen und Organisationen in der Gestaltung der eigenen Zukunft.

Herr Thinius, welche Möglichkeiten haben regional tätige Genossenschaftsbanken, wenn globale Großstrukturen, die in der Phase der Industrialisierung entstanden, abnehmen und regionale Wertschöpfungsketten im Zeitalter der Digitalität an Bedeutung gewinnen?

Dieser Trend ist noch nicht überall erkennbar. Wir haben noch teilweise eine „Verglobalisierung“. Aber es gibt schon erste Branchen, die das sehr massiv umdrehen. Damit werden die Banken vor völlig neuen Herausforderungen stehen. Diese brauchen eine neue Denke hinsichtlich der lokalen Strukturen. Es geht nicht nur um die kurzfristige Finanzierung, sondern um eine lange Geschäftsberatung. Der Vorteil für kleinere Banken: Es gibt derzeit kein Beratungsunternehmen in Europa, das so etwas kann. Da können regional tätige Genossenschaftsbanken punkten.

Der digitale Euro steht vor der Tür, kommt spätestens 2026. Was bedeutet das für den Zahlungsverkehr?

Wir werden so etwas wie Paypal oder Klarna nicht mehr brauchen. Wir kommen weg aus dieser großen Blase, dass wir alle unsere Daten an Google schicken. Wir haben zukünftig wieder unseren eigenen Algorithmus. Produkte haben auch ihren Algorithmus. Das heißt: Wir werden solche Strukturen wie Amazon nicht mehr so sehr brauchen. Es gilt, aus den Kundendaten, dem digitalen Euro und den Algorithmen neue Bezahlsysteme zu entwickeln, die allgemeine Gültigkeit haben. Diese Möglichkeiten muss man allerdings schon neu denken. Zu versuchen, die bisherigen Strukturen zu kopieren und irgendwie weiterzuentwickeln, wird nicht zum Erfolg führen.

Haben wir Menschen denn überhaupt das Mindset, das weite Feld, das die Digitalität eröffnet, zu begreifen? Sind wir bereit für ein neues Denken − und das auch noch in schnellem Tempo?

Altes, industrielles Denken heißt: Es gibt eine bestehende Struktur und ich muss mich dieser als Mensch anpassen. Digitalität heißt aber: Ich gestalte meine Struktur selbst. Ein Beispiel: Google und Facebook sind keine Digitalunternehmen, sondern lediglich Unternehmen industrieller Struktur, die digitale Technologie nutzen. Das führt zu einem Missverständnis von Digitalität, weil es in einen Kontext eingebunden wird, dass sich immer alles schneller dreht. Deshalb hat man das Gefühl, immer hinterherrennen zu müssen. Aber: Wem oder was ich wie schnell hinterherrenne, kann ich zukünftig selbst bestimmen. Die Menschen werden in ihrem eigenen Rhythmus leben. Das ist ein Vorteil für kleinere, regionale Banken: Sie können vor Ort besser auf die unterschiedlichen Lebensmodelle ihrer Kunden eingehen.

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