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Genossenschaftspotenziale im albanischen Landwirtschaftssektor?

Kosovo Albanien Landwirtschaft
Katharina Wieland Müller / pixelio.de

Bei dem im Folgenden skizzierten Dissertations- und Forschungsprojekt handelt es sich um eine Zusammenarbeit der Universität Hohenheim, speziell deren Forschungsstelle für Genossenschaftswesen, und der Agraruniversität Tirana. Ziele dieses Projekts sind die Analyse der aktuellen Situation des Agrarsektors sowie besonders der Strukturen von Angebotsund Nachfrageseite auf den Märkten für landwirtschaftliche Produkte sowie die Identifi zierung der Probleme, welche die

Bericht Forschungsprojekt Frau Sokoli
Bericht Förderprojekt von Frau Olta Sokoli

Kooperation zwischen Landwirten erschweren. Auf der Basis ermittelter Erfolgsfaktoren ist es ein weiteres wichtiges Ziel, die Gründung eines genossenschaftlichen Modells am Beispiel einer Bezugs- und Absatzgenossenschaft vorzubereiten und zu begleiten. Der erste Gedanke, welcher albanischen Landwirten in den Sinn kommt, wenn sie das Wort „Genossenschaften“ hören, sind Maßnahmen zur Kollektivierung des privaten Landeigentums. Im Jahr 1945 begann die Kollektivierung, welche in dieser Zeit unter dem Deckmantel einer Agrarreform des Staates vielen Landwirten das Grundeigentum entzogen und als Staatseigentum deklariert hat. In der Epoche von 1959 bis 1990 waren kommunistische Genossenschaften in Albanien vorherrschend. Deutliche Unterschiede waren zwischen den Genossenschaften in Albanien im Vergleich zu den Genossenschaften in Osteuropa und den Balkanländern zu erkennen. Grund dafür war zum einen die große Ausdehnung der Genossenschaften in unterschiedlichen geografischen Regionen wie Berggebieten, Flachland und Hügelland. Ein weiter Grund war die unausgewogene Beziehung zwischen dem Staat und den Genossenschaften, welche hauptsächlich unter der Kontrolle des Staats standen. Beispielhaft ist dies daran zu erkennen, dass der Staat den Vorstand von Genossenschaften vorgegeben hat sowie die Anzahl der Organisationseinheiten, die Menge an produzierten Waren, die Verteilung der Einkommen und die Bereitstellung von Arbeitstagen seitens der Mitglieder.

Gründe für Auflösung von eGs

In den 1990er Jahren lösten sich die kommunistischen Genossenschaften hauptsächlich aufgrund der Abwanderung der Bevölkerung, vor allem nach Italien und Griechenland, auf. In den darauffolgenden Jahren 1996 bis 2012 wurde ein neues Gesetz verabschiedet und bis heute dreimal novelliert. Auf Grund dessen haben albanische Landwirte es bevorzugt, sich in NGOs zu registrieren, um Steuern einzusparen und den Marktzugang zu erleichtern.

Makro- und auch Mikroebene

Das Vorhaben im geplanten Projekt ist es, die Thematik aus zwei Blickwinkeln zu betrachten: aus der Makro- und Mikroebene. In der ersten Phase soll die Rolle staatlicher Einrichtungen für die Förderung der Genossenschaften herausgefunden werden. In der zweiten Phase soll aufgezeigt werden, ob und wie die albanischen Landwirte Teil einer Genossenschaft sein wollen beziehungsweise können. Hierbei geht es beispielsweise darum, ob die Landwirte sowohl die Bereitschaft haben, als auch die Fähigkeiten, um in einer Genossenschaft Verantwortung zu übernehmen. Zum anderen geht es darum, Maßnahmen zu ermitteln, die zur Verbesserung des Marktzugangs erleichtern und der Qualität der Produkte durch genossenschaftliches Wirken. Des Weiteren soll herausgefunden werden, an welcher Stelle beziehungsweise welchen Stellen die Genossenschaft sich in die Wertschöpfungskette eingliedern lässt. Um ein besseres Bild von den staatlichen Institutionen zu bekommen und um herauszufinden, ob diese die albanischen Genossenschaften fördern, wurden von März bis Mai 2016 Gespräche in Fokusgruppen mit Experten von Regierungseinrichtungen durchgeführt. Nach diesen Gesprächen wurde klar, dass das Bild der Genossenschaften in Albanien deutlich komplexer ist, als eingangs vermutet. Um genauer zu werden, sind die gegebenen Regierungseinrichtungen immer noch kein ideales Instrument, um die Leistungsfähigkeit der Genossenschaften zu verbessern. Daraufhin wurden weitere Expertengespräche mit weniger Teilnehmern geführt, welche jedoch direkt mit genossenschaftlichen Themen vertraut waren. Die Idee war es, die bereits vorliegenden Ergebnisse zu bestätigen und zu erweitern.

Nutzflächen kleinteilig strukturiert

Abgesehen von rechtlichen Problemen und mangelnden Initiativen politischer Entscheidungsträger zur Förderung einer Genossenschaft mit Landwirten als Mitglieder, bestehen zahlreiche Hindernisse, die sich negativ auf das Genossenschaftswesen und die Gründung von Genossenschaften in Albanien ausgewirkt haben. Aktuell ist ein Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche kleinteilig strukturiert und die meisten Höfe sind Familienbetriebe, das heißt, sie produzieren für den Eigenbedarf (Subsistenzwirtschaft) und einige wenige für den einheimischen Markt. Ein weiterer wichtiger Schritt in diesem Projekt wird die Analyse der Landwirte sein, um zu erfassen, ob diese bereit sind, Mitglieder einer Genossenschaft zu sein. Des Weiteren gilt es herauszufinden, ob Landwirte den albanische Genossenschaften moderner Prägung Vertrauen schenken werden, um so mehr Macht zu generieren, einen leichteren Zugang zum Markt zu erreichen und die Position der landwirtschaftlichen Primärstufe zu stärken.

Hierfür sind weitere Maßnahmen geplant:

- Befragungen/Workshop mit derzeit identifizierten Genossenschaften (meistens als NGOs oder Genossenschaften registriert)

  • nahe eines Dorfs in Tirana (Oliven)
  • in Lushnja oder Fier (Gemüse)
  • in Korça (Äpfel)
  • in Shkodra (Heil- und Aromapflanzen)

- Befragungen von Landwirten, die direkt oder indirekt Teil dieser Organisationen sind

- Befragungen von Landwirten, die möglicherweise diesen Initiativen beitreten wollen, diesen Schritt aber noch nicht vollzogen haben.

Datenerhebung im kommenden Jahr

Die Datenerhebung ist im Jahr 2017 vorgesehen. Es wird davon ausgegangen, dass Probleme erkannt werden, die den Landwirten die Partnerschaft mit Genossenschaften erschweren. Methoden und Handlungsempfehlungen sollen herausgearbeitet und verfolgt werden, um aus der aktuellen Situation herauszukommen. Ebenso soll ein klarer Rahmen geschaffen werden, um die Probleme zu fassen und die Rolle der Landwirte in der Wertschöpfungskette zu verdeutlichen. Ein besonderer Dank gilt der GESTE-Stiftung, welche die Forschung und das Team finanziell unterstützt.

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