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Kooperationen und Genossenschaften bieten Vereinen Potentiale

Lukas Winkler spricht über Genossenschaften und Vereine
Ute Spatz

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Das genossenschaftliche Motto „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“ ist auch auf das Vereinsleben übertragbar. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Vereine auf Kooperationen setzen. Sowohl im Schwerpunkt der Vereinsarbeit als auch im Energiebereich bieten sich zahlreiche Potentiale für Kooperationen.

Kooperation bis zur eG

Laut dem Bericht des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) kooperieren 70 Prozent der Vereine bereits mit anderen Vereinen. Gerade in Ballsportarten sind Spielgemeinschaften (ein Zusammenschluss von zwei oder mehr Vereinen) hoch im Kurs. Insbesondere im Jugendbereich lässt sich damit oft überhaupt erst ein Spiel- und Trainingsbetrieb aufrechterhalten. Aber auch in anderen Sportarten sehen immer mehr Vereine die Vorteile von Kooperationen. Die Zusammenlegung gemeinsamer Ressourcen lässt die einzelnen Vereine erfolgreicher werden. Zudem können viele Themen und Aufgaben nur im Zusammenschluss bewältigt werden. Somit liegt es auf der Hand, dass bei solchen Überlegungen auch genossenschaftliche Modelle in Betracht gezogen werden können.

Bewältigung vereinsnaher Aufgaben

Im Rahmen des Ganztagesunterrichts an Schulen nehmen die außerunterrichtlichen Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote zu. Oftmals werden diese Angebote von Sportlehrkräften und pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernommen. Immer öfter werden Sportvereine unterstützend eingebunden, da insbesondere der Schulsport sowie der Vereinssport gemeinsame Verantwortung für die motorische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft haben. Die vielfältigen außerunterrichtlichen Sportangebote sind von Vereinen nur dann leistbar, wenn diese auf einen breiten Pool von Übungsleitern und Trainern zurückgreifen können, die zudem flexibel einsetzbar sind. Hierfür bieten sich Kooperationen bis hin zur Gründung einer Genossenschaft mit anderen Sportvereinen an, um gemeinsam qualifiziertes Personal an- beziehungsweise bereitzustellen. 

Eine Möglichkeit dabei ist, dass Personen in einer gemeinsamen Genossenschaft angestellt sind und Vereine per Vertrag die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausleihen können. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, direkt über die Genossenschaft das Personal zu stellen. Mit der Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft ergeben sich zudem noch weitere Vorteile. Neben der Nutzung gemeinsamer Hallenzeiten und gemeinsamer Trainingsgeräte ist ein Zusammenschluss auch beim Kauf von neuem Trainingsequipment sinnvoll. Durch höhere Stückzahlen sind damit Einsparpotenziale möglich. 

Synergieeffekte lassen sich auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, der Mitgliederverwaltung und bei weiteren Dienstleistungen, wie zum Beispiel digitalen Verwaltungstools, heben. Die einzelnen Sportvereine bringen mit ihren engagierten Mitgliedern ihre Flexibilität, ihre Expertise, ihre Berufserfahrung und ihre Motivation in die Genossenschaft ein. Die Genossenschaft hat damit höhere flexible Ressourcen, einen festen Ansprechpartner gegenüber Dritten, eine hohe Verbindlichkeit und einen bewährten Dienstleister-Pool. 

Weitere relevante Vorteile können sich im Gebäudemanagement ergeben. Hallen und Sportanlagen haben einen entsprechend hohen Pflege- und Wartungsaufwand und können oftmals nur gemeinsam gebaut werden. Die Nutzung gemeinsamer Ressourcen im Personalbereich und in der Verwaltung der Sachanlagen bieten weitere monetäre Einsparpotentiale bei den einzelnen Vereinen. Durch die (energetische) Sanierung der Gebäude in den kommenden Jahren wird der Aufwand zudem zunehmen.

Gemeinschaftlich der Energiewende begegnen

Vor allem im Energiebereich sind zahlreiche Potentiale für eine Kooperation mit Energiegenossenschaften oder anderen Vereinen vorhanden. Kooperationen mit bestehenden Energiegenossenschaften sind durchaus verbreitet. Energiegenossenschaften nutzen bereits heute die vorhandenen Dachflächen von Sporteinrichtungen oder Vereinsheimen und betreiben darauf PV-Anlagen. Damit ergibt sich eine Win-Win-Situation, da der Sportverein als Gebäudeeigentümer von einem günstigen Stromliefervertrag der PV-Anlage profitiert. Sind die Gebäude nicht im Eigentum des Sportvereins, so profitieren die Mitglieder der Vereine dennoch über die Mitgliedschaft in der Genossenschaft. 

Zukünftig werden die notwendigen Investitionen in die Gebäudehülle und die Heizungsanlage zahlreicher Gebäude immer wichtiger. Auch hier sind Kooperationen möglich, in dem sich Energiegenossenschaften per Contracting-Modell um die Erneuerung, die Investition und den Betrieb der Anlagen kümmern. Beispiele sind auch hier schon vorhanden, etwa indem Energiegenossenschaften die Beleuchtung der Sporthalle umrüsten. Natürlich ist auch die Gründung einer eigenen Energiegenossenschaft durch mehrere Vereine möglich, sodass mehrere Energieprojekte in einer Genossenschaft gebündelt werden können. Die vorhandenen Projekte, das notwenige Kapital und das Fachwissen werden dann individuell von den einzelnen Sportvereinen in die Genossenschaft eingebracht. Träger der Projekte und gegebenenfalls der Gebäude ist dann die Genossenschaft, von der alle beteiligten Sportvereine profitieren.

Genossenschaft als Alternative zum Investorenmodell

Insbesondere die wirtschaftliche Intensivierung des Profisports hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Anpassung der Organisationsstrukturen des Sports geführt. Dabei ist der Abstand zwischen den Profimannschaften und der breiten Mitgliederbasis immer größer geworden. Schaut man auf den Profisport, so liegt dort oftmals ein Spannungsverhältnis zwischen der vorherrschenden Rechtsform des eingetragenen Vereins und der Ausgliederung in wirtschaftlich agierende Kapitalgesellschaften vor. Aus diesem Grund gibt es in einigen Profisportvereinen die Überlegung, eine Genossenschaft zu gründen. Zum einen würde damit die Mitgliederbasis wieder deutlich näher an die Profimannschaft heranrücken, zum anderen wären durch die basisdemokratische Rechtsform alle Diskussionen um den Einfluss von Großinvestoren Geschichte. Aktuell prominentes Beispiel ist der Fußballclub St. Pauli, der die Voraussetzungen für eine Genossenschaftsgründung prüfen will. Auch damit zeigt sich, wie modern und zeitlos die Idee der Genossenschaft ist.

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