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Marktgemeinschaft Bodenseeobst eG: Ein halbes Jahrhundert gemeinsame Obstvermarktung am Bodensee

Apfelernte der Marktgemeinschaft Bodenseeobst eG
uschi dreiucker / pixelio.de

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Die Marktgemeinschaft Bodenseeobst eG (MaBo) wurde 1970 in Friedrichshafen unter der Regie von Hermann Kast als Geschäftsführer – dem ersten von bis dato erst dreien − gegründet und als zweistufiges Vermarktungsmodell mit den angeschlossenen Vertragsvermarktern auf die Erfolgsspur gebracht. Bis 1985 leitete Kast die von den Obsterzeugern und -vermarktern gegründete Erzeugerorganisation. Der Erfolg ließ sich schnell an Zahlen festmachen. Waren es in den ersten beiden Jahren um 8 Millionen D-Mark Erzeugerumsatz, so stieg dieser zum letzten Dienstjahr Kasts mit rund 45.000 Tonnen Obst auf 36 Millionen D-Mark.

Bedarfsartikelhandel für die Mitglieder gestartet

Danach übernahm Dr. Fritz Heinrich bis 2002 die Geschäftsführung. In seinen letzten Dienstjahren lag der Erzeugerumsatz mit bis zu 90.000 Tonnen Obst (inklusive Industrieobst), angeliefert von den damals 990 Mitgliedern, bei einem Erzeugerumsatz von um die 30 Millionen Euro. Ende der 1990er Jahre wurde in der MaBo der sogenannte Bedarfsartikelhandel für die Mitglieder aufgenommen (Obstbäume, Stangen, Drahtseile, Spanndrähte, Anker, Hagelnetze, Artikel für Bewässerung etc.). Der Umsatz dieser klassischen genossenschaftlichen Beschaffung betrug um die Jahrtausendwende zunächst 1 Million Euro, dann die nächsten zwei Jahre je 1,8 Millionen Euro.

Bio-Produktion stetig gewachsen

Ab Mitte 2002 übernahm der Autor dieses Artikels, Dr. Egon Treyer, die Geschäftsführung. Ab 2003/04 wurden mit „Cameo“ und „Kiku“ die ersten Clubsorten gepflanzt. 2007 bot man den Mitgliedern erstmals im Zusammenhang der Kooperation mit der Ökobo GmbH in einer gemeinsamen zertifizierten Bio-Packstation der MaBo eine Bio-Vermarktung an. Die Bio-Produktion in der MaBo wuchs in den vergangenen 13 Jahren auf jetzt 13 Bio-Produzenten an. Diese produzierten zusammen über die Jahre 25.000 Tonnen Bio-Obst mit einem Erzeugerumsatz von 18 Millionen Euro.

2007/08 wurden erstmals in der MaBo 130.000 Tonnen Obst umgeschlagen mit 55 Millionen Euro Erzeugerumsatz. Frostgeschädigte Gebiete in Osteuropa machten bei großer Angebotsmenge doch gute Erzeugerauszahlungen möglich. 2011/12 wurden bei sehr hoher Apfelernte in Europa erstmals 150.000 Tonnen Obst umgeschlagen. Dies aber wegen niedriger Durchschnittserlösen mit nur 56 Millionen Euro Umsatz. Direkt im Jahr danach sind mit nur 122.000 Tonnen jedoch 63 Millionen Euro erzielt worden. Danach kamen im Anbau am Bodensee auf den über 4.000 Hektar bei den Mitgliedern „Kanzi“, die Clubbirne „Xenia“, „Opal“, dann „Evelina“ in den Anbau.

Krasser Frost und im Folgejahr extreme Hitze

Im krassen Frostjahr 2017/18 erfasste die MaBo mit nur 43.000 Tonnen Obst die niedrigste Menge der letzten 30 Jahre, bei einem Umsatz von doch noch 34 Millionen Euro. Dann direkt danach kam in 2018/19 das extreme Hitzejahr. Mit 141.000 Tonnen, von nicht besonderer Qualität und nicht der besten Lagerfähigkeit, ging man mit einer geschätzten hängenden EU-28-Ernte von erstmals über 13 Millionen Tonnen in den wöchentlichen Wettbewerb um die Regalplätze. Das Ergebnis waren nur 50 Millionen Euro Umsatz und die schlechtesten Durchschnittserlöse seit der Genossenschaftsgründung.

Danach kam es in kurzen Abständen zu Produktionsentscheidungen für fünf weitere Clubsorten. Es kamen „Rockit“, „SweeTango“, „Fräulein“, „Magic Star“ und „Swing“ zur Pflanzung. Im jüngsten abgeschlossenen Wirtschaftsjahr betrug der Mengenanteil der Clubsorten am Tafelkernobst bereits über 17 Prozent, obgleich die neueren Anlagen noch nicht im Vollertrag sind. In der jüngsten Pflanzperiode waren zwischen 40 und 45 Prozent der gepflanzten Bäume Clubsorten.

Die MaBo ist heute 50 Jahre nach der Gründung die größte Erzeugerorganisation in Baden-Württemberg und eine der drei größten Erzeugerorganisationen für Obst in Deutschland. Die Anbaufläche beläuft sich auf über 4.200 Hektar. In den fünf Jahrzehnten wurden rund 3,7 Millionen Tonnen Obst über die vertraglich angeschlossenen MaBo-Vermarktungsunternehmen vermarktet. Dies mit einem Erzeugerumsatz (ohne Verpackungen, Frachten, Vermarkterspanne) von 1,6 Milliarden Euro.

50. Generalversammlung im schriftlichen Umlaufverfahren

Die 50. Generalversammlung der Marktgemeinschaft Bodenseeobst eG für das Wirtschaftsjahr 2019/20 ging im ersten Quartal 2021 als schriftliches Umlaufverfahren vonstatten. In einem dreistufigen Verfahren wurde über das Wirtschaftsjahr 1. August 2019 bis 31. August 2020 und zur gesetzlichen Prüfung berichtet, die Beschlüsse zum Jahresabschluss gefasst und die Entlastungen sowie Wahlen vorgenommen. Von den 392 Mitgliedern erhielt die MaBo in diesem Umlaufverfahren einen beeindruckenden Rücklauf von exakt 50 Prozent an gültigen Stimmen.

Aus der Bilanz ergab sich ein Obstumsatzerlös auf Erzeugerebene (ohne Verpackungen, Frachten, Vermarkterspanne) von 65,3 Millionen Euro mit einem Umschlag an Obst von 130.623 Tonnen, der dritthöchsten je in der MaBo umgeschlagenen Obstmenge. Zusammen mit dem Bedarfsartikelumsatz von 3,8 Millionen Euro (Vj. 4,2 Millionen Euro) ergaben sich 69,1 Millionen Euro Gesamtumsatz. Unter Berücksichtigung einer Warenrückvergütung an die Mitglieder von über 810.000 Euro ergab dies einen Jahresüberschuss von knapp 32.000 Euro.

Der Marktverlauf war zu Beginn der Ernte 2020 den ganzen August bis Ende September nicht befriedigend. Die schwächere Erntemenge 2019 in Europa ließ dann ab Oktober eine deutlich bessere Preisführung zu.

Bei Bio-Äpfeln verlief die Vermarktungskampagne ab Mitte März im Vergleich zu konventionell noch besser. Viele Konsumenten glauben durch Bio-Obst - auch Bio-Äpfel - ihr Immunsystem noch mehr zu stärken als schon mit konventionellem Obst. Im Bio-Segment wurden in der MaBo 3.892 Tonnen (Vj. 4.754 Tonnen) mit einem Umsatz von 3,3 Millionen Euro vermarktet.

Pandemie steigert Äpfel-Nachfrage

Mit Ausbruch der Pandemie ergaben sich zunehmend Engpässe in der Belieferung des deutschen Lebensmitteleinzelhandels mit Äpfeln, aber auch anderem Importobst. Dies zeigte sich nicht nur in der besseren Nachfrage als saisonüblich, sondern auch in steigenden Preisen. Der dritte Effekt war, dass auch Sorten und Qualitäten, die in einer normalen zweiten Hälfte eines Saisonverlaufs eine weniger gute Nachfrage erfahren hätten, aus der Knappheit heraus ebenfalls stark nachgefragt wurden.

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