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Unsere Werte seit 1864

GEschichte BWGV
BWGV

Das Großherzogtum Baden und das Königreich Württemberg waren im 19. Jahrhundert überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Mehrere Jahre der Missernten, Inflation und steigender Arbeitslosigkeit führten damals wiederholt zu tiefen Krisen, die 1847 in zahlreichen Hungeraufständen gipfelten. Auf der Suche nach einem Ausweg fand die neue Organisationsform „Genossenschaft“ immer mehr Anhänger – vor allem auf Basis der Ideengeber Friedrich Wilhelm Raiffeisen, Wilhelm Haas und Hermann Schulze-Delitzsch. Die neue Organisationsform bot die Chance, durch gemeinschaftliche Tätigkeit ökonomisch potentere Einheiten zu bilden und demokratische Ideale aufleben zu lassen. Schnell gründeten sich auch Gewerbe- und Vorschussvereine.

Bürgermuseum in Stuttgart: Wiege des BWGV
Das Bürgermuseum in der Lange Straße 4 in Stuttgart.

Verbandsgründung im Jahr 1864 – die gemeinsame Wurzel

Am 21. August 1864 wurde im Beisein von Hermann Schulze-Delitzsch im Saal des Bürgermuseums, in der Lange Straße 4 in Stuttgart, der „Verband wirtschaftlicher Genossenschaften in Württemberg und Baden“ gegründet. Die Einheit der badischen und württembergischen Genossenschaftsorganisation blieb jedoch nicht lange bestehen. Schnell begann die Zersplitterung in viele Einzelverbände in den beiden Ländern und auf gewerblicher wie ländlicher Seite (siehe Kurzüberblick Verbandsgeschichte). Die gewerblichen und landwirtschaftlichen Genossenschaftsverbände übernahmen in Südwestdeutschland vielfältige Aufgaben für ihre Mitglieder und boten schon damals Beratungsleistungen an. Seit den Anfangsjahren gaben sie Hinweise zur Gründung einer Genossenschaft oder zur Geschäftsführung. Mit Einführung des revidierten Genossenschaftsgesetzes 1889 erfuhr die Stellung der Genossenschaftsverbände eine erneute Stärkung und Ausweitung. Darin wurde die Verpflichtung zur regelmäßigen Revision und zur Schaffung von Revisionsverbänden festgeschrieben.

Zeit der Kriege und Krisen

In der Zeit des ersten Weltkriegs wurde der Wein von Weinkellereien und Gastwirten abgeholt.
In der Zeit des ersten Weltkriegs wurde der Wein von Weinkellereien und Gastwirten abgeholt.

Die Zeit bis 1945 war vor allem durch Kriege und Krisen gekennzeichnet, danach durch eine so noch nie dagewesene Wohlstandsphase. Die Genossenschaften hatten kaum Zeit, sich an die geschichtlichen Gegebenheiten anzupassen, und für deren Verbände wurde es in diesem Umfeld zu einer Herausforderung sie zu unterstützen. Mit der Neuformierung des ländlichen Genossenschaftswesens im Jahr 1928 drängten staatliche Instanzen auf entsprechende Veränderungen auch bei den Genossenschaftsverbänden in Baden und Württemberg. Dort war eine Vielzahl von zum Teil konkurrierenden Verbänden entstanden, was mit Blick auf die genossenschaftliche Gesamtorganisation wenig effektiv erschien. In der Folge schlossen sich 1929 jeweils in Baden und Württemberg die ländlichen Verbände zusammen. Bei den gewerblichen dauerte es noch bis 1938/1939. Mit der Machtübernahme durch die NSDAP im Jahr 1933 begann in Deutschland die Gleichschaltung aller politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche. Dadurch änderten sich die Bedingungen auch für die Genossenschaften und ihre Verbände in Baden wie in Württemberg grundlegend. Sie waren nicht mehr allein den Mitgliedern verpflichtet, sondern Teil des zentral gelenkten nationalsozialistischen Wirtschaftssystems. Nach Kriegsende kam es zu zahlreichen Neugründungen von Genossenschaften in Baden und Württemberg.

Für die Mitglieder: Verbesserung des Profils

Als Baden und Württemberg 1945 unter französische und amerikanische Besatzung kamen, verliefen die zwei Besatzungszonen quer durch beide Länder, wobei eine restriktive Grenzpolitik gemeinsames Handeln anfangs sehr erschwerte. Die Kommunikation zwischen den Genossenschaften und ihren Verbänden konnte in dieser Zeit nur begrenzt aufgenommen werden. Die Genossenschaftsverbände richteten Außenstellen ein, um diesem Problem zu begegnen. Die Währungsreform 1948 zeigte unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen genossenschaftlichen Branchen. Sowohl die ländlichen als auch die gewerblichen Kreditgenossenschaften hatten kurz vor der Währungsreform eine erhöhte Einlagenaktivität zu verzeichnen gehabt, da nur Bankguthaben bei der Reform berücksichtigt werden sollten. In der Folge brachte ihnen die Währungsreform erhebliche Mehrarbeit bei der Erstellung der notwendigen Bilanzen. Die Prüfer der Genossenschaftsverbände erwiesen sich dabei einmal mehr als verlässliche Unterstützer. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der sich bereits seit der Jahrhundertwende anbahnende Strukturwandel von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft in Baden-Württemberg an Fahrt auf. Für die wachsenden Aufgaben waren die baden-württembergischen Genossenschaften immer häufiger auf die Anleitung und Beratung ihrer Verbände angewiesen, die sich nicht nur um den Wiederaufbau des Geldwesens kümmerten, sondern auch um den Wareneinkauf, den Absatz und die Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Darüber hinaus bauten sie ihre Bildungseinrichtungen aus und stärkten ihre Schlagkraft durch den systematischen Wieder- oder Neuaufbau der einzelnen Abteilungen.

Zusammenschluss der gewerblichen und ländlichen Verbände

Raiffeisenplakat aus den 50er Jahren.
Raiffeisen-Plakat aus den 50er Jahren.

Schon während der 1950er Jahre war deutlich geworden, dass die strikte Trennung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Genossenschaften nicht aufrecht zu erhalten war. Deshalb schlossen sich die beiden Teile in Württemberg im Jahr 1970 und in Baden 1971 jeweils zum Württembergischen Genossenschaftsverband (WGV) und zum Badischen Genossenschaftsverband (BGV) zusammen. Die Bedeutung der Verschmelzungen der gewerblichen und ländlichen Genossenschaftsverbände in Württemberg sowie in Baden reichte weit über das Landesgebiet hinaus, denn sie wurden zum Vorbild für das gesamte Bundesgebiet. Auf die Konzentrationsprozesse bei den Genossenschaften reagierten die Verbände mit einem erweiterten Informations-, Beratungs- und Schulungsangebot. Die Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft (EG) beispielsweise bedeutete für die baden-württembergische Agrarwirtschaft mit ihren vielen kleinen und mittleren Betrieben eine enorme Herausforderung.

Die Jahre nach der Wiedervereinigung

Die alten Bundesländer unterstützten die neuen in den Jahren nach der Wiedervereinigung – auch die Genossenschaftsverbände in Baden-Württemberg und deren Beratungsunternehmen griffen den Kollegen beim Auf- und Ausbau von Genossenschaftsverbänden im Osten Deutschlands unter die Arme. Die baden-württembergische Genossenschaftsorganisation hob den sächsischen Genossenschaftsverband mit aus der Taufe und unterstützte dessen Arbeit aktiv.

Erstes Online-Banking der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Jahr 1996.
Erstes Online-Banking der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Jahr 1996.

Der Strukturwandel wurde durch die Europäisierung in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts spürbar angekurbelt. Damit die Genossenschaften wettbewerbsfähig bleiben konnten, gab es zahlreiche Fusionen. Vor allem die ländlichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften standen vor der Aufgabe, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen und die Wettbewerbsfähigkeit durch Rationalisierung und Strukturanpassung zu verbessern. Auch die Zahl der württembergischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ging zurück.
Die baden-württembergischen Genossenschaftsverbände mussten immer stärker Synergien aus der eigenen Organisation nutzen – etwa aus der Prüfung, die sich durch die vielfältigen Vergleichsmöglichkeiten oder aus den Spezialkenntnissen auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer und des Kreditwesengesetzes ergaben. Damit sicherten sich die baden-württembergischen Genossenschaftsverbände auch die Existenz, denn den schrumpfenden Mitgliederzahlen durch Fusionen trat das verstärkte Dienstleistungsangebot entgegen. BGV und WGV wurden immer mehr zu Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen.
2008 zeigte sich weltweit als das schlimmste Bankenjahr der Nachkriegsgeschichte, doch das Geschäftsmodell der Volksbanken und Raiffeisenbanken bewährte sich als äußerst nachhaltiges. Die Krise schärfte den Blick auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Banken und Bankengruppen.

Fusion zum BWGV

Das Maskottchen zur Fusion: S`Karlchen
Das Maskottchen zur Fusion zum BWGV: S`Karlchen.

Um auch in Zukunft die Herausforderungen zusammen mit den Mitgliedern stemmen und effizient arbeiten zu können, wollten die regionalen Genossenschaftsverbände ihre Kräfte bündeln. Nachdem Fusionsverhandlungen zwischen dem WGV und dem Genossenschaftsverband Bayern abgebrochen wurden, unterschrieben BGV und WGV im Jahr 2004 eine Kooperationsvereinbarung, die den Grundstein für eine gemeinsame Beratung und Begleitung der baden-württembergischen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften legte. Den Verbänden war bis dahin jedoch immer die Wahrung ihrer Selbstständigkeit wichtig gewesen, auch wenn Politiker, wie beispielsweise Erwin Teufel, immer wieder für einen gemeinsamen baden-württembergischen Genossenschaftsverband plädierten. Die Zusammenarbeit intensivierte sich danach zunehmend. Nach fast sechs Jahrzehnten vereintem Bundesland Baden-Württemberg wurden auch die beiden Genossenschaftsverbände im Land wieder zusammengeführt. Am 1. Januar 2009 nahm der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) seine Arbeit in der neuen Organisationsstruktur auf. Mit der Fusion entstand eine neue Wirtschaftskraft im Südwesten, denn der BWGV gehört zu den bundesweit größten Regionalverbänden in jener Zeit. Der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger nannte die Fusion den „Erfolg einer vorausschauenden Strategie, die nicht nur die beiden Verbände, sondern auch das Land voranbringen wird“.

Der erste Vorstand des BWGV setzte sich wie folgt zusammen:
Gerhard Roßwog, Präsident und Vorstandsvorsitzender
Herbert Schindler, Verbandsdirektor
Gerhard Schorr, Verbandsdirektor

Zum ersten Vorsitzenden des Verbandsrates wurde am 3. März 2009 Helmut Gottschalk, Sprecher des Vorstandes, Volksbank Herrenberg-Rottenburg eG, Herrenberg, gewählt.

Der BWGV unterhält Hauptstellen in Karlsruhe (Raiffeisenhaus) und Stuttgart (GENO-Haus), juristischer Sitz ist Karlsruhe.

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