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Über das Verhältnis von Bio- und konventionellen Weinen

Biowein in der Weinerzeugung - ein Interview mit Marian Kopp, Lauffener Weingärtner eG
© uschi dreiucker / pixelio.de

Bio erobert den Lebensmittelmarkt, das ist auch beim Wein so. Doch können Bio- und konventionelle Weine nebeneinander beworben werden, ohne dass es zu Widersprüchen, zu einer Stigmatisierung kommt? Das Thema Bio-Werbung ohne Diskriminierung war eines der Themen bei den „Ökomarketingtagen“, einer Fachtagung der Biobranche im hohenlohischen Kirchberg/Jagst. Der Branchentreff fand virtuell statt. Marian Kopp, Geschäftsführender Vorstand der Lauffener Weingärtner eG, und Weingärtner Albrecht Stricker, der sowohl ökologisch als auch konventionell wirtschaftet und an die Genossenschaft liefert, sprechen über ihre Erfahrungen im Bio-Segment des Weinmarkts. Drei Betriebe, die Mitglieder der Lauffener Weingärtner sind, bewirtschaften rund 25 Hektar ökologisch. Die Bioweine tragen neben dem EU-Bio Siegel und dem Ecovin Siegel das Bio-Siegel Baden-Württemberg.

Herr Kopp, wie schätzen Sie die Entwicklung des Bio-Segments im Weinmarkt der nächsten Jahre ein, wie bei den Lauffener Weingärtnern?

Marian Kopp: Das Verbraucherbewusstsein für ökologisch ganzheitlich wertvolle Ernährung steigt graduell. Wir beobachten hier eine stete Entwicklung zu mehr Bio in der Weinerzeugung, auch bei uns in der Genossenschaft. Aus der Praxis wissen wir: Zunächst brauchen wir die Überzeugung im Anbau. Dazu kommt das Marketing, das wir steuern können, und drittens brauchen wir für mehr Bio auch Verbesserungen in den politischen Rahmenbedingungen. Um den steigenden Anteil Bioweine am Markt zu platzieren, muss die Nachfrage wachsen.

Der Mehraufwand der Betriebe, die auf Bio umstellen, muss honoriert werden können. In Deutschland stehen insgesamt 8.900 Weinerzeuger, die auch vermarkten, im Wettbewerb. Und jeden Tag muss statistisch ein Betrieb aufgeben. Wir sprechen im deutschen Weinmarkt von einem Absatz von über zwei Milliarden Flaschen Wein pro Jahr. Davon sind über eine Milliarde Flaschen aus dem Ausland. Es ist nicht übertrieben, wenn wir von einem brutalen Wettbewerb im Weinmarkt sprechen. Gerade im Biosegment haben südliche Länder einen klaren Vorteil.

Warum ist das so?

Kopp: Durch das trockenere Klima haben die Italiener, Franzosen und Spanier einen deutlich geringeren Pilzdruck – und weniger Aufwand beim Pflanzenschutz. Wir brauchen da eine solide Unterstützung durch die Politik. Dazu kommt, dass man die Vorzüge von Bioweinen in einem aufwändigen Marketing rüberbringen muss. Wir beobachten auch, dass in der für uns wichtigen Zielgruppe der Babyboomer, also Menschen um die 60 Jahre, nicht selten eine generelle Ablehnung von Bio-Lebensmitteln, teils ideologisch begründet, verbreitet ist. Da gibt es also noch Erklärungsbedarf und Überzeugungsarbeit zu leisten für die „andere“ Art, Wein zu erzeugen.


Herr Stricker, Sie bewirtschaften gemeinsam mit Ihrer Familie in zwei verschiedenen Betrieben 30 Hektar Rebfläche insgesamt, davon 9 Hektar biologisch. Wie lief, wie läuft die Umstellung in Ihrem Betrieb?

Albrecht Stricker: Unseren Biobetrieb haben wir 2007 als GbR zusammen mit zwei weiteren Betrieben gegründet, wirtschaften also den Teilbetrieb seit 13 Jahren ökologisch nach den Ecovin-Richtlinien. Als Betrieb, der in eine Genossenschaft abliefert, war es keine wirtschaftliche Entscheidung, in den Ökolandbau einzusteigen. Die Umstellung muss man aus Überzeugung machen. Unsere Weinberge wirkten die ersten Jahre wie „beleidigt“. In der Umstellungsphase reagieren die Weinberge zum Teil sehr empfindlich, da sich die Rebstöcke auf die umgestellte Düngung und Pflanzenschutz einstellen müssen. Inzwischen sind die Weinberge wieder vital und kräftig. Eine echte Herausforderung sind die Pilzkrankheiten. Bei unserer Witterung ist auch im Biobetrieb der Pilzbefall nur mit Pflanzenschutz einzudämmen. Natürlich nur mit Pflanzenschutzmitteln die im ökologischen Weinbau zugelassen sind. Manche Rebschädlinge regulieren sich nach ein paar Jahren mit konsequentem Fördern der Biodiversität.

Wie stellen sich im Biosegment die Erträge dar?

Stricker: Im Durchschnitt der Jahre sind die Erträge im Biobetrieb etwas geringer als im konventionellen Anbau. Den Mehrerlös, den wir brauchen, steckt also nicht nur im Mehraufwand, sondern auch in etwas geringerem Ertrag. Dies war vor allem in der Umstellungsphase herausfordernd, da in dieser Phase die Erträge und Qualitäten sehr schwankend waren. Übrigens: Vieles was wir im Biobetrieb „gelernt“ haben, setzen wir heute auf unserer gesamten Betriebsfläche um.


Herr Kopp, im Marketing für baden-württembergische Lebensmittel stehen das „Qualitätszeichen BW“ und das „Bio-BW“-Siegel gut nebeneinander. Wie verträgt sich Bio-Weinbau und der integrierte kontrollierte Weinbau im Sortiment der Weingärtnergenossenschaft? Können Bio- und konventionelle Weine nebeneinander beworben werden – ohne dass es zu Widersprüchen, zu einer Stigmatisierung kommt?

Kopp: Das ist eine echte Herausforderung für das Marketing, die Vorzüge von Biowein rüberzubringen. Denn „bio“ oder nicht steht im Entscheidungsschema bei den meisten Kunden nicht an oberster Stelle. Spontan entscheiden die meisten Käufer zunächst „rot-weiß“, beziehungsweise als erstes nach Anbaugebiet und nach Rebsorte. Die Marktforschung zeigt, dass die Kaufentscheidung beim Durchlauf im Regal innerhalb von 30 Sekunden fallen. Da haben es die Bioweine, die im breiten Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels, kurz LEH, stehen, nicht gerade leicht. Die Fragen im LEH drehen sich aber nicht um bio oder nicht-bio. Es kommt darauf an, dass sich alles, was im Regal steht, gut verkauft. Wir erleben hier keine Diskriminierung von bio oder konventionell.

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