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ZG Raiffeisen: „Risikomanagement ist das Gebot der Stunde“

ZG Raiffeisen eG Getreideschiff
ZG Raiffeisen eG

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Seit 2016 gehen die weltweiten Getreideernten kontinuierlich zurück. Dies bei steigen der Nachfrage. Mitte August 2022 betrug die Reichweite, also die Versorgungsmenge ohne Hinzurechnung aktueller Ernten, 95 Tage. Experten wissen: Wird die Schwelle von 100 Tagen unterschritten, werden die Getreidemärkte nervös. Die Folge: Preise steigen und werden volatiler. Der Ukraine-Krieg beschleunigt die schon davor festzustellenden Preisanstiege und -schwankungen. Russland, Ukraine und Kasachstan gelten als Kornkammer der Welt. Wie sehr dies zutrifft, spürt die gesamte Welt seit diesem Frühjahr mehr und schmerzlicher denn je. Auf die bereits zuvor schon stark gestiegenen Getreidepreise wirkte der Russland-Ukraine-Konflikt wie ein Katalysator und bildet jetzt den anhaltend dominierenden Faktor. „Wir erwarten keinen wirklichen Mangel. Aber es zeichnet sich klar ab: Die Getreidemärkte werden enger, was zu weiter steigenden Preisen führen wird“, so Dr. Richard Völz, Bereichsleiter Vermarktung im Geschäftsbereich Agrar bei der ZG Raiffeisen.

Warenterminbörsen: Die Handelsplattformen der Landwirtschaft

An Warenterminbörsen werden Güter gehandelt, die erst später geliefert werden. In der Börsensprache heißen diese Geschäfte Futures, Optionen oder allgemein gesprochen: Terminkontrakte. Auch viele landwirtschaftliche Erzeugnisse werden so gehandelt. Auf Termin gehandelt werden fast alle landwirtschaftlichen Produkte wie Mais, Raps, Weizen, Eier, Butter, Zucker, Wolle, aber auch Rinder, Schweine und vieles andere mehr. Die älteste Terminbörse der Welt, die CBoT (Chicago Board of Trade), wurde 1848 in Chicago gegründet. Der wichtigste europäische Handelsplatz für Getreide ist die Pariser MATIF (Marché à Terme International de France). Große Getreidemühlen, nationale wie internationale Agrarhändler, aber auch größere landwirtschaftliche Betriebe nutzen die Möglichkeiten, um sich über Terminkontrakte künftige Preise zu sichern. „Die Leitbörsen Chicago und Paris haben maßgeblichen Einfluss auf die Getreideernten der Landwirte, die Mitglieder der ZG Raiffeisen eG sind“, sagt Vermarktungsbereichsleiter Volz.

Beispiel: die Drittel-Verkaufsstrategie

Eine weit verbreitete Strategie beim Verkauf bestimmter landwirtschaftlicher Produkte wie etwa Getreide besteht darin, die Verkäufe zu dritteln. Das erste Drittel wird im Frühjahr veräußert, also weit vor der Ernte. Die Bauern verpflichten sich, nach der Ernte eine bestimmte Menge und Qualität zum vereinbarten Preis zu liefern. Fällt die Ernte schlecht aus, kann das ein Problem werden. Vorteil: Die Erzeuger können frühzeitig ihre Produktionskosten absichern, die zum Beispiel gerade jetzt wegen der Dünger- und Dieselpreise kräftig steigen. Das zweite Drittel folgt dann mit oder kurz nach der Ernte. Das letzte Drittel verkaufen die Landwirte schrittweise über den Winter, wenn sie die Möglichkeit haben, die Ernte bei sich einzulagern. Orientierung bieten jeweils die Futures an der Pariser MATIF, die in aller Regel zum Quartalsende auslaufen. Ziel ist es, einen Durchschnittspreis zu erzielen, bei dem die Landwirte gut und zuverlässig verdienen.

„Jede badische Tonne mehr hilft der Inlandsnachfrage“

Deutschland produziert in diesem Jahr nach einer Schätzung von Mitte August knapp 22 Millionen Tonnen Weizen. Davon gehen knapp 8 Millionen Tonnen in Getreidemühlen, rund 7 Millionen Tonnen ins Futter, rund 3 Millionen Tonnen in die Stärkeindustrie/Bioethanol/Biogas sowie rund 1 Million Tonnen ins Saatgut. In Summe ergibt das eine inländische Nachfrage von rund 18,5 Millionen Tonnen. Klammert man Anfangs- und Endbestände sowie EU-Im- und Exporte aus, bleibt ein Nettoüberschuss von rund 3,5 Millionen Tonnen Weizen, welcher für den Export in Drittländer außerhalb der EU bestimmt ist. Bezieht man die Effekte von EU-Importen und Beständen mit ein, belaufen sich die Exportschätzungen sogar auf rund 5,5 Millionen Tonnen in Drittländer. 

Dies bedeute für den Weizenanbau in Baden: „Jede Tonne, die wir hier in Baden mehr produzieren, kann die inländische Nachfrage decken, sodass größere Warenströme aus Nord- und Mitteldeutschland bevorzugt an die Exporthäfen gelangen können“, führte Vermarktungsbereichsleiter Volz bei der Getreide-Pressekonferenz 2022 der ZG Raiffeisen, die im August stattfand, am Beispiel Weizen  aus. „Somit können wir indirekt mit jeder in Baden erzeugten Tonne Weizen einen Beitrag zur internationalen Ernährungssicherheit beisteuern.“

Hohe Preise versus stark steigende Betriebsmittelkosten

Die wirtschaftliche Gesamtsituation für die Landwirte bleibt aus Sicht der badischen Zentralgenossenschaft „im Durchschnitt maximal auskömmlich“, so Volz. Zwar sind die Preise für Getreide an den internationalen Börsen enorm gestiegen. Dagegen stehen aber die weiterhin hohen bis sehr hohen Betriebsausgaben, insbesondere für Dünger und Kraftstoffe.

Die Preise für Öko-Ware verzeichnen an den Getreidebörsen im Übrigen bei weitem nicht den gleichen Höhenflug wie für konventionelle Erzeugnisse. „Wir stellen fest, dass die Zahl der umstellungswilligen Betriebe stagniert“, berichtet Volz. Dennoch geht die ZG Raiffeisen weiter davon aus, dass sich der politisch betriebene Wandel zu mehr Bio-Landwirtschaft fortsetzen wird. In den kommenden beiden Jahren will die Genossenschaft zwei große Erfassungsstandorte dafür schaffen.

Erstes Halbjahr deutlich über Plan

Die ZG Raiffeisen-Gruppe, Karlsruhe, zieht eine positive Halbjahresbilanz für alle Geschäftsbereiche im Agrar- und Verbraucherbereich. „Die ersten sechs Monate sind gut verlaufen“, verkündete Vorstandsmitglied Dr. Holger Löbbert Mitte August 2022 bei der Getreide-Pressekonferenz der genossenschaftlichen Unternehmensgruppe auf dem Hofgut Maxau bei Karlsruhe. Die ZG-Raiffeisen-Gruppe seit gut in 2022 gestartet und liegt zum 30. Juni über Planniveau. Der Umsatz liegt bei 739 Millionen Euro (Vorjahr: 576), der Rohertrag bei 112 Millionen Euro (Vorjahr: 106). „Auf dieser Basis können wir an unserem Planziel von 6 Millionen Euro Jahresüberschuss zum 31. Dezember festhalten. Für das zweite Halbjahr sehen wir die für nahezu alle Branchen relevanten Unsicherheiten für die kommenden Monate: Wie geht es mit Energieversorgung und internationalen Lieferketten weiter?“, so Löbbert.

Pressekonferenz Getreide ZG Raiffeisen eG
Reges Interesse der Medien: ZG-Raiffeisen-Vorstandsmitglied Dr. Holger Löbbert (hinten Mitte) konnte gute Zahlen für das 1. Halbjahr 2022 melden. Links hinten im Bild Dr. Richard Völz, Bereichsleiter Vermarktung im Geschäftsbereich Agrar. Rechts Pressesprecherin Ulrike Mayerhofer. 

 

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